Sekundäre Pflanzenstoffe (auch Sekundärmetaboliten, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, im naturheilkundlichen Bereich auch Phytamine genannt) sind bestimmte chemische Verbindungen, die von Pflanzen weder im Energiestoffwechsel, noch im aufbauenden (anabolen) oder im abbauenden (katabolen) Pflanzenstoffwechsel produziert werden. Sie werden nur in speziellen Zelltypen hergestellt und grenzen sich von primären Pflanzenstoffen dadurch ab, dass sie für die Pflanze nicht lebensnotwendig sind.
Sekundäre Pflanzenstoffe gehören zu den Naturstoffen und haben einen hohen Stellenwert für den Menschen. Oft werden Pflanzen nur aufgrund dieser Verbindungen angebaut. Ihre Biosynthesewege fasst man unter dem Begriff Sekundärstoffwechsel zusammen. Sekundärmetaboliten leiten sich von Produkten des anabolen und katabolen Stoffwechsels ab, hauptsächlich Carbonsäuren, Kohlenhydraten und Aminosäuren. Nicht immer lässt sich der Sekundärstoffwechsel eindeutig abgrenzen. Dies hängt damit zusammen, dass Primär- und Sekundärstoffwechsel häufig gemeinsame Reaktionsschritte und die gleichen Enzymsysteme nutzen. So kann die Entscheidung, ob es sich um ein primäres oder um ein sekundäres Stoffwechselprodukt handelt, nur aus der Betrachtung der Funktion, welche die Substanz im pflanzlichen Organismus hat, getroffen werden. Die wichtigsten Gruppen pflanzlicher Sekundärverbindungen sind, geordnet nach ihrer chemischen Struktur:
- Phenolische Verbindungen: einfache Phenole, Polyphenole, Xanthone, Phenylpropanoide, Stilbene und ihre Glykoside
- Isoprenoide Verbindungen: Terpene, Steroide und ihre Glykoside; Carotinoide, Speicherlipide
- Alkaloide: z. B. Koffein und Nikotin
- Aminosäuren wie Alliin oder Canavanin
- obwohl Chlorophyll nur in photosynthetisch aktiven Pflanzenteilen produziert wird, gehört es nicht zu den sekundären Pflanzenstoffen, da es lebensnotwendig für die Pflanze ist.
Bedeutung
Da die Erzeugung sekundärer Pflanzenstoffe in verschiedenen Pflanzenarten sehr unterschiedlich sein kann, hat ihre Untersuchung große Bedeutung für die Taxonomie. Weil sie zeitlich und räumlich begrenzt und oft von Umgebungsbedingungen abhängig produziert werden, ist ihre Untersuchung wichtig für das Verständnis der Zelldifferenzierung in der Pflanze. Sekundäre Pflanzenstoffe wie z. B. Alkaloide und Terpene bilden chemisch sehr unterschiedliche Strukturen und haben für den Menschen daher eine enorme Bedeutung, vor allem in der Pharmakologie und der chemischen Synthese.
Anpassungen an sekundäre Pflanzenstoffe
Trotz der raffinierten und vielfältigen Verbindungen haben sich immer wieder bestimmte Tiere an sie angepasst oder eine Toleranz dagegen entwickelt. Solche Tiere werden als Nahrungsspezialisten bezeichnet. Sie können die Inhaltsstoffe mit der Nahrung aufnehmen und für sich selber nutzbar machen, sie neutralisieren oder schlicht wieder ausscheiden. Manche Tiere sind in der Lage, mittels Sequestration giftige Substanzen im eigenen Körper zu speichern, um sich ebenfalls auf diese Weise vor ihren Fressfeinden zu schützen. Ein interessantes Beispiel dafür ist der Monarchfalter, der Herzglykoside speichern kann. Diese Sekundärstoffe verursachen bei seinem Fressfeind, dem Blauhäher, Lähmungserscheinungen und Erbrechen. Schon nach kurzer Zeit lernen die Vögel, die auffällig gefärbten Schmetterlinge zu meiden.
Bedeutung für den Menschen
Sekundäre Pflanzenstoffe werden im naturheilkundlichen Bereich auch als Phytamine (Phyto = griech. Pflanze) bezeichnet, da einige von ihnen als Teil der Ernährung gesundheitliche Vorteile bieten. Bis jetzt sind unter anderem folgende Wirkungen bekannt:
Wirkung | Stoffe |
---|---|
Senkung des Blutdrucks | Reserpin in Rauwolfia serpentina, Polyphenole in Granatapfel |
verhindert Thrombosen | Sulfide in Knoblauch |
Regulierung des Blutzuckerspiegels | Phytin im Getreide |
Förderung der Verdauung | Polyphenole in Gewürzen |
Bekämpfung von Bakterien | Phenolsäuren in Früchten |
Anregung des Immunsystems | Polysaccharide |
Entzündungshemmend | Saponine in Hülsenfrüchten, Hafer und einigen Gemüsearten; Flavonoide in fast allen Pflanzen |
Senkung des Cholesterins | Phytosterine in fast allen Pflanzen, Saponine |
Hemmung der Krebsentstehung | z. B. Carotinoide in grünblättrigem Gemüse, Proteaseinhibitoren (in höherer Dosis giftig) in Kartoffeln, Nüssen, Getreide, Hülsenfrüchten; Granatapfel-Polyphenole wie Punicalagin, Ellagitannin, Crosmin, Gallussäure und Ellagsäure |
antioxidativ | Flavonoide, Liponsäure |
hormonähnliche Wirkung | Phytohormone, Phytoöstrogene. |
Viele sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe sind für den Menschen jedoch giftig. Zu diesen natürlich vorkommenden Giftstoffen kann man zum Beispiel die Alkaloide wie etwa Nicotin oder Atropin zählen. Manche dieser natürlichen Gifte kann man sich pharmakologisch zu Nutze machen wie das Gift der Tollkirsche Atropin, die Alkaloide des Schlafmohns (Morphin, Codein, Papaverin, Noscapin) oder die Diterpenoide aus Eibenarten (Taxol A = Paclitaxel). Vielfach dienen Naturstoffe als Leitstruktur für neuartige Wirkstoffe, bei denen die Grundstruktur in Richtung verbesserter Wirkung sowie verminderter Nebenwirkungen optimiert ist.
Literatur
- Katharina Munk (Hrsg.): Grundstudium Biologie – Botanik. Spektrum Verlag, Heidelberg 2001
- P. Schopfer und A. Brennicke: Pflanzenphysiologie. 6. Auflage. Elsevier, 2005, ISBN 3-8274-1561-6
- Harborne, Baxter: Phytochemical Dictionary- A Handbook of Bioactive Compounds from Plants. Verlag Taylor & Frost, London 1983
- Lansky, R. A. Newman: Punica granatum (pomegranate) and its potential for prevention and treatment of inflammation and cancer. In: Journal of Ethnopharmacology. 109 (2007) 177–206
- Walter de Gruyter: Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde. Berlin, New York 1996, ISBN 3-11-014276-7
- Deutschlandfunk, Sprechstunde, 12. Oktober 2010, Radiolexikon, Renate Rutta: Sekundäre Pflanzenstoffe [3](14. Oktober 2010)